Stärken stärken oder Schwächen ausgleichen?

Sollte man eigentlich lieber Stärken von Menschen stärken oder ihre Schwächen ausgleichen? "Der Stärken Code" von Frank Rebmann ist ein Plädoyer für die Identifikation deiner Stärken, den nicht allzu großen Fokus auf deine Schwächen und daher den stärkenorientierten Einsatz von Menschen in der Arbeitswelt. Es zeigt sich aber auch, wie stark unsere Gesellschaft auf die Identifikation und Behebung von Schwächen ausgerichtet ist. Zeit das zu verändern.

Vor einigen Wochen hat Andreas mir ein Buch empfohlen. "Der Stärken Code - Die eigenen Talente entschlüsseln, anerkennen und weiterentwickeln" von Frank Rebmann. Ohne seine Empfehlung hätte ich das Buch wohl weder bestellt noch gelesen, weil ich glaube meine Stärken zu kennen und mich derzeit eher andere Themen bewegen. Aber da er es mir empfohlen hat, habe ich es mir bestellt und rasch durchgelesen. Dieses Buch hat mich auf die Idee für diesen Artikel gebracht.

"Der Stärken Code" ist ein Plädoyer für ein stärkenorientiertes Leben und damit ein Gegenpol zu dem, was ich häufig im Schulsystem, im Studium und in Teilen meiner beruflichen Laufbahn bei mir und bei anderen erlebt habe:

• In der Schule wird ein riesiges Themenspektrum mit Noten bewertet. Schon zwei Ausreißer in zwei Fächern können dich zum Wiederholen der Klasse bringen, selbst wenn du im Rest überdurchschnittliche Noten hast. Um das zu verhindern bekommst du natürlich Nachhilfe, die deine Schwächen auszugleichen soll.
• Ein Arbeitnehmer, der sein Projektbudget nicht sauber aufgestellt bekommt, wird zu einer Schulung für Budgetierung mit Excel geschickt.
• Eine Führungskraft, die besser keine Menschen führen sollte und ständig negatives Feedback bekommt, wird auf Führungskräfteseminar geschickt.

Hinter allen Beispielen liegt der Ansatz Schwächen auszugleichen. Im "Stärken Code" werden Schwächen definiert als Aufgaben, die dir schwer fallen und bei denen du Fehler machst. Trotz deiner Anstrengungen kannst du nicht die gewünschte Qualität bringen. Der Versuch Schwächen auszugleichen ist per se nicht schlecht. Aber bestimmte Vorprägungen, die auch nach Training und Weiterbildung nicht besser werden, sind dann wohl nicht mehr grundlegend zu ändern. Und nicht jede Schwäche lässt sich zu einer Stärke verwandeln. Genau hier setzt Frank Rebmann mit seiner These an: Stärken stärken und Menschen stärkenorientiert einsetzen.

„Jeder ist ein Genie! Aber wenn Du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist.“

Albert Einstein

Das stärkeorientierte Handeln setzt bei manchen Menschen zunächst voraus, alte und immer noch wirksame Glaubenssätze umzuwandeln. Im "Stärken Code" stellt Rebmann die These auf, dass uns auch Glaubenssätze davon abhalten stärkenorientiert zu leben. Beispiele dafür kennen wir wohl alle:

• "Ich muss zufrieden sein diesen Job zu haben. Andere sind arbeitslos oder beziehen Hartz IV." Das mag sich mancher Arbeitnehmer sagen, obwohl er seit langer Zeit innerlich gekündigt hat.
• "Ich bin nicht fähig eine lange und glückliche Beziehung zu führen. Ich darf nicht anspruchsvoll sein, sonst habe ich am Ende gar nichts mehr." Das mag ein Glaubenssatz einer Person sein, die gerade einen Seitensprung hatte.
• Manche Menschen haben sich mit den Jahren sogar antrainiert zu glauben, dass die Zukunft schlimmer werden könnte als die Gegenwart. Dies wird dann als Entschuldigung genutzt lieber keine Veränderung anzugehen. Rebmann sagt an anderer Stelle im Buch zum Thema Ausreden etwas nicht zu tun: "Wer etwas will, der findet Wege. Wer etwas nicht will, der findet Gründe." 

Wenn du für dich herausfinden möchtest, welche Glaubenssätze bei dir wirksam sind und wie du sie in etwas bestärkendes umwandeln kannst, empfehle ich dir diesen Artikel von mir: Glaubenssätze prägen dich mehr als du glaubst.

Es gibt allerdings eine wesentliche Voraussetzung eines stärkenorientierten Einsatzes: Ich muss zunächst meine Stärken kennen. Zudem setzt das Erfassen meiner Stärken gleichzeitig die Offenheit für die gegenüberliegende Seite voraus. Ich muss auch bereit sein meine Schwächen anzuerkennen und zu tolerieren. Frank Rebmann definiert in seinem Buch eine Stärke als etwas, was wir gut können, gerne machen und bei dem wir hervorragende Ergebnisse erzielen. Er stellt folgende Formel auf: Stärke = Talent + Wissen + Übung + Freude

Was sind meine Stärken?

Folgende Fragen können hilfreich sein, um die eigenen Stärken herauszuarbeiten. Ich empfehle dir dies schriftlich zu tun.

• Was geht dir leicht von der Hand?
• Für welche Tätigkeiten bekommst du Lob von anderen? Um was welche Fähigkeiten wirst du beneidet?
• Zu welchen Themen wirst du von Kollegen und Freunden um Rat gefragt?
• Bei welchen Dingen erreichst du konstant gute Ergebnisse?
• Was motiviert dich und gibt dir Energie?
• Welche Aktivitäten fühlen sich für dich authentisch an?
• Was findest du spannend?
• Was konntest du schon als Kind, Schüler und Student gut?
• Worüber könntest du Freunden und Kollegen stundenlang mit nicht nachlassendem Elan berichten?
• Welche Aufgaben gehst du regelmäßig und mit Freude sofort an? 

Stärkenorientiertes Arbeiten hat viele Vorteile. Wer seine Stärken analysiert hat und mit seinem aktuellen Arbeitsfeld abgleicht, wird ein Gefühl dafür bekommen, wie viel Überschneidung zwischen den eigenen Stärken und den Anforderungen von außen bestehen. Wenn man es daraufhin schafft sein Arbeitsfeld mehr in Richtung seiner Stärken auszurichten, ...

• ... ergibt sich eine höhere Lebenszufriedenheit.
• ... arbeitet man motivierter, mit mehr Energie und die Tätigkeit geht einem leicht von der Hand.
• ... wird man seltener krank und ist weniger gestresst.
• ... wird man sich schneller weiterentwickeln und seine Ziele erreichen.
• ... muss man sich seltener oder nie die Sinnfrage in Bezug auf seine Tätigkeit stellen.

Wenn man es schafft den Fokus seiner Tätigkeit im Bereich seiner Stärken zu haben, wird man mehr Energie von seiner Arbeit bekommen, als sie einem nimmt. Man arbeitet im Bereich seiner Identität. Eine kleine Videoanleitung zur Identifikation deiner Stärken habe ich dir nachfolgend eingefügt.

Kurz und knapp ist dies die Anleitung für ein stärkenorientiertes Leben:

• Finde deine Stärken heraus.
• Versuche deine Arbeit auf deine Stärken auszurichten.
• Stärke deine Stärken.

Setzt dein Arbeitgeber dich stärkenorientiert ein? Kennt dein Arbeitgeber überhaupt alle deine Stärken? Bist du nach einer solchen Analyse schon einmal auf eine andere Stelle gekommen, an der du deine Stärken voll einsetzen konntest? Und wenn du dein eigener Chef bist: Arbeitest du im Bereich deiner Stärken? Schreib' mir gern deine Herangehensweise in die Kommentare oder per Email. Du kannst mir auch gern über Twitter und Instagram kommentieren und schreiben. Wenn du keinen Artikel mehr verpassen willst, abonnier' gern meinen Newsletter.